Sebastian Sieber

Investment Painting

Kunstprojekt Investment Painting, September2011 bis Juli 2012

PDF Investment Painting

Text von Irene Müller, 1.2011

Zu den Arbeiten von Sebastian Sieber

Das Grundthema der Arbeiten von Sebastian Sieber ist die Befragung von Malerei, als Gattung, als Medium. Dabei nimmt neben dem Ausloten der technischen, malerischen Möglichkeiten das Suchen als Prozess, als (Zeit-)Raum des Erkundens einen zentralen Stellenwert ein, und zwar besonders die Suche nach Formen und Ansätzen, die gängigen Genres von Gegenständlichkeit und Abstraktion aufzulösen respektive solche Kategorien oder Abgrenzungen zu überwinden.
Mit der jüngst entstandenen installativen Arbeit «Alles ist wichtig» entwickelt Sieber eine Art Tableau, das verschiedenen Möglichkeiten von Bildfindung und –komposition vorführt, das modellhaft die Zusammenhänge innerhalb der künstlerischen Fragestellungen aufzeigt. Dabei gilt Siebers Interesse nicht nur dem Wechselspiel zwischen dem grossen Ganzen und dem «Einzelbild», sondern auch den Querbezügen zwischen Motiv und malerischen Ausdrucksmöglichkeiten, den Referenzen innerhalb verschiedener Werkgruppen und Arbeitsphasen. Der Titel der Arbeit ist Programm: Die Paletten, auf denen der Künstler die Feinmischung seiner Farben vornimmt, formen in einem strengen Raster ein aus unzähligen Einzelfeldern gefügtes Gesamtbild, wie Bausteine sind sie zu «Painters DNA» gefügt. Auf der Mittelwand der Installation wiederum begegnet man einer organisch wuchernden Assemblage von Werken verschiedenen Formats und unterschiedlicher motivischer und malerischer Prägung. Interessensschwerpunkte zeichnen sich ab, die Suche wird als Prozess erfahrbar, der in «Teiluntersuchungen» spezifische Momente und Aspekte fokussiert und der im installativen Ganzen als raum-zeitliche Bewegung verstanden werden kann. Vorwärtsdrängen und Innehalten, das Umkreisen und Auffächern, Rückblick und Aufbruch – diese Modi und Aktionsformen treten sowohl innerhalb der einzelnen Werke als auch als grundlegende Arbeitshaltung zutage.
In den Bildern von Sebastian Sieber sind oftmals verschieden angelegte Bildräume miteinander verschränkt; das räumliche Kontinuum bricht unerwartet auf, die Perspektiven wechseln. Mit den oftmals trapezförmigen Bildträgern unterstreicht Sieber sein Interesse an der Auflösung von einfach lesbaren, monoperspektivischen Räumen; das rektanguläre Bildfeld ist in Frage gestellt, und damit auch unsere Sehgewohnheiten, die sich auf das Spiel von kippenden, einander durchdringenden Raumkonzepten suchend einlassen müssen. Kurz gesagt kann man Siebers Position als Feldforschung im Feld der Malerei betrachten, über Malerei, mit den Mitteln und Methoden des untersuchten Mediums oder Gegenstandes. Es ist eine Auseinandersetzung, die sich dem Untersuchungsgegenstand in zyklischen Bewegungen annähert, die Verfahrensweisen möglichst umfassend auslotet und dem kleinen Detail wie dem grossen Ganzen gleich viel Aufmerksamkeit schenkt.

Text von Sandi Paucic anlässlich der Ausstellung im K3 Project Space, Mai 2009

Sebastian Sieber interessiert sich für die Verschmelzung von abstrakter und gegenständlicher Malerei bzw. die Überwindung dieses stereotypen Gegensatzes.
Die Entdeckungsreise auf unsicheres Terrain erfordert vom Betrachter anspruchsvolle Seharbeit, jenseits einer vordergründigen Gefälligkeit.
Sieber geht zuweilen vom zufällig in seinem Malatelier Vorgefundenen aus, beispielsweise indem er Staubfusel im laufenden Malprozess nicht nur integriert, sondern, gleichsam ohne die Leinwand fertig zu malen, zum Hauptmotiv eines Bildes macht. Ein überraschendes und bildwitziges Moment, wie es typisch für den Künstler ist.
So auch wenn er in einem kleinformatigen Bild Farbtupfer durch Akzentsetzung und teils gezielte figurative Formgewinnung zum Bild der "Kleinfamilie" entwickelt.
Darin - erst auf den zweiten Blick – deutlich in Miniaturporträts erkennbar die Mitglieder der Familie seines Bruders neben im Ungegenständlichen verbleibenden, bunten Farbtupfern. Ständig pendelt beim Betrachter die Wahrnehmung zwischen Auflösung und Dingwerdung und erfordert aktives, synthetisches Sehen. Eine malerische Forschungsarbeit entlang von Grenzen, auch ganz wörtlich als Bildgrenzen verstanden: Dazu tragen die bewusst nicht rechtwinklig gespannten Leinwände bei: Das Resultat ist eine Irritation des Blicks, welche aus der Verletzung Jahrhunderte alter Bild-Lesegewohnheit resultiert. Sieber verfolgt verschiedene Ansätze in zyklisch wiederkehrenden Facetten, so dass in Variationen verschiedene motivische Bezüge unverhofft wiederkehren.


Text von Alexandra Blättler, November 2006
(Katalog Stiftung BINZ39, Dokumentation 05/06)

Sebastian Sieber
Malerei und ihre Möglichkeiten in der gegenwärtigen Kunstproduktion haben in den letzten Jahren ein Revival erlebt, was unter anderem den Entwicklungen an den deutschen Kunsthochschulen zu verdanken ist. Malerei hatte zwar die 1990er Jahre mehr oder weniger in einem Dornröschenschlaf verbracht, aber der Hunger nach Bildern war damit nicht aus der Welt geschafft.
So beschäftigt sich auch Sebastian Sieber ganz und gar mit der malerischen Bildschöpfung und greift dabei auf die klassischen Techniken der Acrylmalerei, Oelmalerei und deren Mischtechniken zurück.
Er hat sich als Künstler ein klares arbeitstechnisches Feld ausgesteckt, bewegt sich aber innerhalb diesem mit einer unverwechselbaren Vielfältigkeit. Sujets seiner Malerei finden sich im urbanen Umfeld so gut wie in der Natur oder im Innern seines Ateliers.
Angesichts unserer medialgeprägten Gesellschaft, interessieren ihn wie
Visualisierungsprozesse funktionieren und welche Methoden und Strategien die Malerei innerhalb dieser Untersuchung bieten kann.
Zum Prozess der Bildgestaltung gehört die Gestaltung des Trägerformates genauso dazu wie das Malen selbst: ein sich gegenseitiges Beeinflussen von Form und Inhalt befindet sich in einem andauernden Wechselspiel. Ein Bild beginnt sich über die Farbe aufzubauen und wieder aufzulösen. Eine wirre Ansammlung feiernder Menschen auf einer Terrasse eines Betonbunkers entpuppt sich in der nächsten Sekunde abrupt als reine Farbansammlung. Bildinhalte werden suggeriert um im nächsten Moment wieder aufgelöst zu werden.
Der erste Teil der Ausstellung erinnert an eine mögliche Situation im Künstleratelier. Vieles wird einander gegenübergestellt, Bezüge können geschaffen werden. Im zweiten Raum kommt es sozusagen zu einer Auflösung, da der Fokus konkreter auf jene Einzelarbeiten gerichtet wird, die aus genau einer solchen Gegenüberstellung heraus sich entwickeln. Einmal mehr wird hier die siebersche Intention unterstrichen: seine Malerei verselbständigt sich im Arbeitsprozess und existiert schlussendlich nur noch der Malerei willen.